Nein, die „Letzte Generation“ wird jetzt nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft!
In zahlreichen Medienberichten wird derzeit die weit verbreitete, aber unzutreffende Behauptung aufgestellt, das Gericht habe die Gruppe „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung eingestuft.
Rechtslage der Klimaaktivisten „Letzte Generation“ nach Münchner Gerichtsentscheid
Das Landgericht München I entschied, dass die Durchsuchungen bei Mitgliedern der „Letzten Generation“ rechtmäßig waren, stufte sie aber nicht als kriminelle Vereinigung ein. Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Urteil die Rechtmäßigkeit von Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der Klimaaktivistengruppe „Letzte Generation“ bestätigt. Das Urteil stützt sich auf den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, obwohl die Gruppe selbst nicht als solche eingestuft wurde. Entscheidend ist, dass das Gericht in den Handlungen der Aktivisten eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ sieht, die die Durchsuchungen rechtfertigt.
Rechtliche Bewertung des Falls
Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung: Das Landgericht München I hat den Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung bejaht. Dies beruht auf der Annahme, dass die Gruppe gemeinsame Ziele verfolgt und dabei Straftaten wie Nötigung und Sachbeschädigung begeht. Das Gericht betonte jedoch, dass es für die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungen nicht auf den Hauptgrund der Gruppenbildung ankomme. Das Urteil des Landgerichts München I hat keine bundesweite Auswirkung auf die Einstufung der „letzten Generation“. Die rechtliche Bewertung ist je nach Gericht und Bundesland unterschiedlich. Der Bundesgerichtshof hat bisher nicht entschieden, ob die Gruppe bundesweit als kriminelle Vereinigung eingestuft wird, was weitreichende strafrechtliche Konsequenzen hätte.
Das Münchner Urteil und seine Bedeutung
Das Münchner Urteil ist insofern von Bedeutung, als es die rechtliche Handhabe gegen die „Letzte Generation“ in Bayern beeinflussen könnte, aber keine Auswirkungen auf andere Bundesländer hat. Die Entscheidungen der Staatsschutzkammer über die Durchsuchungen sind rechtskräftig und können nicht mehr angefochten werden.
PRESSEMITTEILUNG JUSTIZ BAYERN VOM 23.11.2023
Beschlüsse des Landgerichts München I: Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der „Letzten Generation“ wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung
Die 2. Strafkammer des Landgerichts München I (Staatsschutzkammer) hat am 16.11.2023 zehn Beschwerden gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ als unbegründet verworfen und einer Beschwerde teilweise stattgegeben.
Die Generalstaatsanwaltschaft München führt ein Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche Personen, die sich als Mitglieder der „Letzten Generation“, einer Gruppe von Klimaaktivisten, betätigt haben sollen. Den Beschuldigten wird unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung gem. § 129 StGB vorgeworfen. Im Zuge der Ermittlungen erließ das Amtsgericht München auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft im Mai 2023 mehrere Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Hiergegen legten insgesamt elf Betroffene (teilweise Beschuldigte, teilweise Drittbetroffene) Beschwerde ein. Nachdem das Amtsgericht München den Beschwerden nicht abgeholfen hat, hatte nunmehr das Landgericht München I darüber zu entscheiden.
Die Staatsschutzkammer bejaht im Ergebnis die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse. Das Amtsgericht sei zurecht davon ausgegangen, dass ein Anfangsverdacht dafür bestehe, dass die „Letzte Generation“ eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB bildet.
Die „Letzte Generation“ erfülle die Voraussetzung einer Vereinigung, weil sie nach den bisherigen Ermittlungen einen auf Dauer angelegten Zusammenschluss von mehreren Hundert Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses – der Durchsetzung klimapolitischer Forderungen durch „zivilen Ungehorsam“ – darstelle.
Auch sei der Zweck und die Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten gerichtet. Die Kammer hob dabei hervor, dass die Begehung von Straftaten nicht der Hauptzweck der Vereinigung sein müsse. Ausreichend sei es, wenn die Begehung von Straftaten einer von ggfs. auch mehreren Zwecken sei. Das sei hier der Fall: Das Erscheinungsbild der „Letzten Generation“ werde durch Nötigungen von Verkehrsteilnehmern insbesondere durch Festkleben oder (gemeinschädliche) Sachbeschädigungen jedenfalls wesentlich mitgeprägt.
Diese Taten begründen nach Auffassung der Kammer auch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Das Gericht stellte darauf ab, dass der gesellschaftliche Diskurs durch illegitime Mittel verletzt werde, wenn eine Gruppierung versuche, sich – gegebenenfalls moralisch überhöhend – über die rechtsstaatliche Ordnung und die konsentierten Formen der demokratischen Abläufe zu stellen. Straftaten seien kein Mittel der freiheitlichen, demokratischen, rechtsstaatlichen Diskussion, sondern Ausdruck krimineller Energie und als solche juristisch nüchtern zu bewerten. Moralische Argumente könnten jenseits der Gesetze eine Strafbarkeit weder begründen noch negieren. Bei seiner Würdigung stellte das Landgericht neben den zahlreichen Sitzblockaden vor allem auf die Störung und Blockaden des Betriebs verschiedener Flughäfen und konzertierte Aktionen, um den Durchfluss verschiedener Ölpipelines zu unterbrechen, ab.
Die Beschlüsse seien auch verhältnismäßig gewesen. Insbesondere sei nicht von einer Geringfügigkeit der vorgeworfenen Straftaten auszugehen.
Soweit die Kammer eine Beschwerde teilweise für begründet erachtet hat, ging es um die Beschlagnahme einzelner Gegenstände, für die nach Auffassung des Gerichts ein Beschlagnahmeverbot bestand.
Gegen die Entscheidungen der Staatsschutzkammer gibt es kein weiteres Rechtsmittel.
Faktencheck-Mimikama:
Aus dem Inhalt des Beschlusses geht hervor, dass das Landgericht München I den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung durch die Mitglieder der „Letzten Generation“ für hinreichend begründet hält, um Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse zu rechtfertigen. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der Gruppe um einen auf Dauer angelegten Zusammenschluss handelt, der teilweise auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist.
Wichtig ist jedoch zu betonen, dass das Landgericht München I hier lediglich die Rechtsgrundlage für die Durchführung der Durchsuchungen aufgrund eines Anfangsverdachts bejaht hat. Dies bedeutet nicht, dass die „Letzte Generation“ bereits gerichtlich als kriminelle Vereinigung eingestuft wurde. Eine solche Einstufung würde eine umfassendere juristische Prüfung und ein endgültiges Urteil erfordern, das über den Rahmen der vorliegenden Entscheidungen hinausgeht. Bislang handelt es sich um eine vorläufige rechtliche Bewertung im Rahmen spezifischer Ermittlungsmaßnahmen.
Fazit: Klarheit im rechtlichen Rahmen
Die Entscheidung des Landgerichts München I schafft Klarheit über die Rechtslage der „Letzten Generation“ in Bayern. Es bestätigt die Rechtmäßigkeit der Hausdurchsuchungen, ohne die Gruppe als kriminelle Vereinigung einzustufen. Das Urteil könnte als Präzedenzfall für künftige Gerichtsentscheidungen in ähnlichen Fällen dienen.
Quelle: Pressemeldung Justiz-Bayer
Artikelbild: DPA
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