Missverständnisse über «Fake Fleisch»: Studien falsch interpretiert

Veganes Fake-Fleisch soll laut Berichten Krankheiten verursachen. Studien bestätigen dies nicht. Faktencheck.

Autor: Sonja Bart

Die Behauptung

Veganem „Fake-Fleisch“ wird in sozialen Medien vorgeworfen, Herzkrankheiten und Krebs zu verursachen. Diese Behauptung stützt sich angeblich auf wissenschaftliche Studien.

Unser Fazit

Es gibt keine Belege dafür, dass vegane Fleischersatzprodukte Herzkrankheiten und Krebs verursachen. Die zitierten Studien lassen solche Schlussfolgerungen nicht zu. Die gesundheitlichen Risiken von Fleischersatzprodukten hängen wie bei allen verarbeiteten Lebensmitteln von den Inhaltsstoffen ab.

In den sozialen Medien kursiert derzeit das Gerücht, dass veganes Fake Fleisch schwere Gesundheitsschäden wie Herzkrankheiten und Krebs verursachen. Diese Behauptung stützt sich angeblich auf wissenschaftliche Studien. Doch was sagen diese Studien wirklich aus?

Das verbreitete Gerücht über Fake Fleisch

Auf Facebook kursiert ein Screenshot eines Artikels von Report24, in dem behauptet wird, vegane Fleischersatzprodukte würden zu einem Anstieg von Herztoten und Krebserkrankungen führen. Diese Behauptung stützt sich auf zwei wissenschaftliche Studien.

Missverständnisse über «Fake Fleisch»: Studien falsch interpretiert
Screenshot aus den sozialen Medien

Die Bewertung

Es gibt keine Belege für die Behauptung, dass vegane Fleischersatzprodukte Herzkrankheiten und Krebs verursachen. Die zitierten Studien lassen eine solche Schlussfolgerung nicht zu. Die gesundheitlichen Risiken von Fleischersatzprodukten hängen, wie bei allen verarbeiteten Lebensmitteln, von den Inhaltsstoffen ab.

Die Fakten

Verarbeitete Lebensmittel, einschließlich Fertiggerichte und Fake Fleisch, durchlaufen viele industrielle Prozesse. Dazu gehören das Erhitzen, das Aufschließen von Nährstoffen und Proteinen sowie das Formen und Pressen der Produkte.

Der Report24-Artikel stützt sich auf zwei Studien aus den Jahren 2023 und 2024. Die erste Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen stark verarbeiteten Lebensmitteln und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, unabhängig davon, ob sie pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind. Die zweite Studie befasste sich mit dem Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und dem Krebsrisiko sowie der Krebssterblichkeit. Beide Studien basieren auf Daten der UK Biobank, die zwischen 2009 und 2012 die Ernährungsgewohnheiten von mehr als 100.000 Briten erfasste und diese Daten anschließend mit Krankenhaus- und Sterbedaten verknüpfte.

In der ersten Studie machten pflanzliches Fake Fleisch nur 0,2 % der untersuchten Lebensmittel aus. In der zweiten Studie wurde nicht zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten unterschieden, sodass keine spezifischen Risiken für pflanzliche Fleischalternativen ermittelt werden konnten.

Die Studien untersuchten nicht speziell die Langzeitfolgen von pflanzlichen Fleischalternativen und auch das Angebot an Fleischersatzprodukten war 2010 nicht mit dem heutigen vergleichbar. Sabrina Schlesinger vom Deutschen Diabetes-Zentrum erklärte schriftlich, dass sich aus den Daten kein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs durch den Verzehr von pflanzlichem Fake Fleisch ableiten lasse.

Im Gegenteil: Beide Studien bestätigen, dass eine ausgewogene pflanzliche Ernährung die Herz-Kreislauf-Gesundheit fördert. Stark verarbeitete Lebensmittel wie Chips, zuckerhaltige Getränke, Kuchen, Kekse und Süßigkeiten, ob industriell oder selbst hergestellt, gelten als ungesund und sollten nur in Maßen verzehrt werden.

Warum Studien kritisch zu betrachten sind

Beim Einkaufen begegnet uns oft der Nutri-Score auf Verpackungen, der den Nährwert eines Produktes angibt. Ähnlich funktioniert die NOVA-Klassifizierung, die den Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln in vier Stufen einteilt. Diese Einteilung ist wissenschaftlich umstritten und es gibt verschiedene Systeme zur Bestimmung des Verarbeitungsgrades.

Die UK Biobank erhob die Ernährung der Teilnehmer anhand von 24-Stunden-Tagebüchern, die oft keine spezifischen Informationen über den Verarbeitungsgrad der Lebensmittel enthalten. Daher sei die NOVA-Klassifikation für diese Studien nicht ideal, so Sabrina Schlesinger.

Studien über pflanzliche Fleischalternativen

Eine Kohortenstudie der Universität Wien hat ergeben, dass stark verarbeitete tierische Produkte das Risiko für verschiedene Krankheiten, darunter Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhen. Für stark verarbeitete pflanzliche Fleischalternativen wurde hingegen kein erhöhtes Risiko festgestellt.

Pflanzliche Fleischalternativen variieren stark im Verarbeitungsgrad, in den Inhaltsstoffen, im Salzgehalt und im Gehalt an gesättigten Fettsäuren. Eine pauschale Bewertung dieser Produkte sei daher nicht möglich, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin betont, dass dringend umfassende Langzeitstudien notwendig sind, um fundierte Aussagen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Fleischersatzprodukten treffen zu können. Es wird empfohlen, Fleischersatzprodukte nicht zu häufig zu verzehren und unverarbeitete Lebensmittel zu bevorzugen. Selbstgemachte Alternativen wie Linsen- oder Bohnenburger und Naturtofu sind weniger verarbeitet.

Laborfleisch – Nährboden für Mythen

Über Laborfleisch kursieren viele Fehlinformationen, die oft von Prominenten wie Bill Gates unterstützt werden. Diese Geschichten behaupten, dass Laborfleisch und Insektenmehl ungesund seien. Diese Behauptungen sind jedoch widerlegt.

Fazit

Die Behauptung, dass vegane Fleischersatzprodukte Herzkrankheiten und Krebs verursachen, ist nicht belegt. Die Studien, auf die sich die Gerüchte stützen, lassen solche Schlussfolgerungen nicht zu. Um fundierte Aussagen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Fake Fleisch treffen zu können, sind umfassende Langzeitstudien notwendig. Eine ausgewogene pflanzliche Ernährung fördert die Gesundheit, während stark verarbeitete Lebensmittel generell nur in Maßen verzehrt werden sollten.

Quelle: dpa

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