Venedig – Das zukünftige Atlantis Italiens?

Autor: Sonja Bart

Artikelbild Von Ihor Serdyukov / Shutterstock.com
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Während Australien mit den schlimmsten Buschfeuern der letzten Jahrzehnte zu kämpfen hat, wird die italienische Lagunenstadt Venedig von den heftigsten Hochwassern der letzten 50 Jahre heimgesucht. Wassermassen haben die Kulturmetropole fest im Griff und bedrohen die Zukunft der Stadt.

Hochwasser sind in Venedig eigentlich nichts Ungewöhnliches. Überschreitet der Wasserpegel bei der zuständigen Messstation die 1,10 Meter, werden die Stadtbewohner per Sirene alarmiert.

Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren nähert sich das Wasser diesmal einer gefährlichen Höhe und offenbart die Probleme, mit denen die Perle der Adria zukünftig zu kämpfen haben wird.

Die magische Grenze lautet nach wie vor 1,94 Meter. So hoch war der Wasserstand im bisherigen Rekordjahr 1966. Vergangenen Mittwoch war der Stand bereits auf 1,87 Meter angestiegen.

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Die Stadtverwaltung sprach von apokalyptischen Zuständen, bereits ein Menschenleben hat das Hochwasser gefordert und der Notstand zur Bekämpfung der Wassermassen wurde vor Tagen ausgerufen.

Die Gründe für die regelmäßigen Hochwasser liegen an einem wiederkehrenden Naturphänomen bei dem bei einer starken Flut und gleichzeitigem niedrigen Luftdruck die Wassermassen durch den Sarah Wind in die Kanäle von Venedig gepresst werden. Dieses Jahr kamen zudem noch Regenmassen dazu und verschärften die Hochwasserproblematik.

Betrachtet man eine weitere besorgniserregende Zahl, so ist der Rekord von 1,94 Metern längst gebrochen. Die Lagunenstadt sackt nämlich immer weiter ab.

Venedig sinkt

In den letzten 100 Jahren hat die Stadt 25 Zentimeter an Höhe verloren, dies begünstigt durch die rege Entnahme von Grundwasser, was Ende der 60ger Jahre jedoch frühzeitig verboten wurde.

Um die Stadt und Kanäle für Touristen attraktiver zu gestalten wurden zudem die Hafeneinfahrten verbreitert, was wiederum den Abfluss von Sand begünstigt und somit das Fundament der Stadt weiter verringert. Die Fahrrinnen wurden auf 17 Meter ausgebaggert und bieten somit mehr Schiffen die Möglichkeit die Kanäle zu durchschiffen.

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In der Realität führt dieser rücksichtslose Eingriff zu dramatischen Folgen. Schon jetzt haben sich die Zahl der Hochwasser pro Jahr verdoppelt und Klimaforscher prognostizieren für Venedig eine zunehmende Belastung durch Hochwasser.

Die Folgen des Klimawandels lassen den Meeresspiegel steigen, in den letzten Jahren hob sich der Pegel um bis zu 6,6 Millimeter an.
Der Weltklimarat IPC hat für das Jahr 2100 vorhergesagt, dass Venedig zumindest jeden zweiten Tag unter Wasser stehen könnte und der Höchstpegel des Wassers sich auf 2,5 Meter erhöhen könnte.

Eine geeignete Maßnahme zur Bekämpfung der Hochwasser könnten jedoch die 78 verborgenen Fluttore sein, die die Lagune an drei Eingängen vom Meer abriegeln. Diese massiven Tore liegen unter Wasser, sind 5 Meter dick, 20 Meter breit und bis zu 30 Meter hoch.
Bei Hochwasser wird über Stahlkästen Luft zugepumpt und diese dadurch aufgerichtet und können somit die Lagunenstadt vollständig von Wasserzufuhr absperren.

Das Projekt mit der Bezeichnung MO.S.E. (modulo sperimentale elettromeccanico) sollte eigentlich 2022 fertiggestellt werden, hat jedoch mit anhaltenden Korruptionsskandalen und explodierenden Kosten von bis zu kolportierten 6 Milliarden Euro zu kämpfen.
Ein großer Kritikpunkt des Sturmflutsperrwerks ist der Einfluss auf das einzigartige Ökosystem der Lagune. Wird dieses mehrere Tage vom adriatischen Meer abgeschnitten – diese Zeit ist nötig um eine Überschwemmung zu verhindern – droht dieses zu kollabieren.

Fest steht, dass die Folgen des Klimawandels direkt von unserer Haustür sichtbar sind.

Beinahe jeder von uns hat Erinnerungen von Spaziergängen über den Markusplatz und durch die engen Gassen von Venedig.
Fraglich ist, wie lange die Stadt mit seinen einzigartigen kulturellen Schätzen der Belastung des Klimawandels noch standhalten kann. Schützt das Sturmflutsperrwerk die Stadt, kann dies jedoch drastische Folgen für die Umwelt haben.

Sollten sich die Kritikpunkte der Projektgegner verwirklichen, bliebe die bittere Erkenntnis zurück, dass es in diesem Szenario auf jeden Fall einen großen Verlierer geben wird, entweder die Stadt Venedig und ihre Bewohner oder das darunter liegende Ökosystem.

via

Autor Alexander Herberstein, Artikelbild Von Ihor Serdyukov / Shutterstock.com


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